„Blühe, wo du gepflanzt bist!“ - Franz von Sales

„Blühe, wo du gepflanzt bist!“, sagte Franz von Sales.

Als ich diese Tulpen entdeckt habe inmitten eines Brennnesselfeldes, da fiel mir dieser Spruch wieder ein.
Man könnte sich einfachere Orte zum Blühen vorstellen, ein schön bestelltes Beet zum Beispiel.
Aber diese Tulpen inmitten der Brennnesseln lassen sich nicht kleinkriegen. Sie strecken sich nach der Sonne aus trotz der ganzen stacheligen Wucht von allen Seiten, trotz Pieksen und Brennen, trotz der grünen Übermacht, die sie zu erdrücken und ihnen die Luft abzuschneiden versucht.
Sie bahnen sich ihren Weg zur Sonne, höre nicht auf zu leuchten und zu strahlen. Sie machen mir Hoffnung.
So oft fühle ich mich in diesen Tagen wie diese Tulpen, inmitten eines Brennnesselfelds, von erdrückenden, kaputtmachenden, infragestellenden, hoffnungraubenden, verunsichernden, lähmenden Gedanken, Situationen, Anordnungen und Begegnungen.
Von ihnen lernen will ich eins: mich ausstrecken nach dem, was es mir warm ums Herz macht, was mich beflügelt, was mir gut tut, was mich strahlen lässt. Sonne tanken.

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Fahrschule

Erinnern Sie sich an Ihre ersten Fahrstunden zurück? Sie saßen im Auto, nervös, weil alles unbekannt war und verwirrend. Und der Fahrlehrer forderte Sie auf langsam die Kupplung kommen zu lassen. Und beim Konzentrieren darauf, nur ja das richtige Pedal zu bewegen, holperte der Motor und verstummte. Abgewürgt. Und das war kein Einzelfall. Irgendwann ging es mit dem Anfahren besser: Kupplung kommen lasen, Gas geben, langsam anrollen, erster Gang, schalten, zweiter Gang, und ab ging die Fahrt. Bis zum nächsten Berg. Und der Ampel, die da dummerweise stand. Stehen bleiben, Schweiß auf der Stirn. Grün. Anfahren… abwürgen.

Üben. Üben. Üben. Erinnern Sie sich?
Manchmal geht es mir derzeit mit den vielen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie genau so. Wenn man sich gerade mal an die einen Maßnahmen gewöhnt hat und damit umgehen gelernt hat, ändert sich wieder alles. Ein neuer Berg. Neu muss das Anfahren geübt werden. 

Aussteigen und das Auto einfach stehen lassen, das wäre manchmal das Naheliegende. Soll das doch jemand anders nach Hause fahren. Manchmal hilft es tatsächlich eine Zeit mal jemand anders fahren zu lassen, bis man selbst wieder die Kraft und den Mut hat weiterzuüben.
Wenn ich frustriert bin, schaue ich auf den Boden. Gehe gebeugt. Sitze gekrümmt. Mir hilft es, einmal den Kopf zu heben und ernst zu nehmen, dass bei all unseren „Fahrversuchen“ Gott nicht fern ist. Im 5. Buch Mose steht, dass Gott selbst vor uns hergeht. Dass er uns beisteht und uns nicht verlässt und immer zu uns hält. Und dass wir uns nicht entmutigen lassen sollen und keine Angst zu haben brauchen.
Ich sehe Gott vor mir stehend, vor meinem Auto, und mir ermutigend zuwinken. Komm, gib nicht auf. Ich kenn den Weg und du kriegst das hin. Und ich spüre, dass er sogar neben mir sitzt, auf dem Beifahrersitz, wie ein Fahrlehrer oder manchmal wie ein guter Freund, mir zulächelt und sagt: Kopf hoch, ich lass dich nicht hängen. Und jetzt nochmal von vorn: Motor an, Kupplung kommen lassen, Gas geben… los gehts.

Gute Fahrt!

 

Pfarrerin Julia Kaiser

Herzliche Einladung zum Maskenball!

Diese Masken überall machen etwas mit mir.
Ich fühle mich wie auf einem Maskenball.
Wenn ich in ein Gesicht sehe, sehe ich oft nur noch Maske.
Das, was für mich ein Gesicht ausmacht, ist die Mimik.
Und die bleibt zum größten Teil verborgen.
Ich kann kein lachendes Gesicht mehr sehen.
Alles verborgen.
Vieles bleibt hinter der Maske versteckt.
Das Leben steckt dahinter. Kommt nur schwer durch.
Wie eben auch dieses Virus, vor dem die Maske schützen soll.
Die Maske steht wie eine Wand zwischen uns.
Noch mehr Wand als schon zuvor.
Die Sprache wird undeutlicher.
Die Distanz spürbarer. Sichtbarer.

Ich hasse dieses Leben auf Abstand, das sage ich ganz ehrlich.
Was für ein Affenzirkus. Dieser Maskenball.

Und dann ist sie mir begegnet und mit ihr war es anders.

Mit ihr fing ich an zu verstehen,
dass diese Distanz zwischen uns nicht sein muss.
Auch sie trug eine Maske.
Auch bei ihr waren nur die Augen zu sehen.
Auch ihre Stimme war undeutlicher, als sie sonst wohl gewesen wäre.
Ob sie lächelte, konnte ich nicht sehen.

Sie war Verkäuferin.
Ihre Maske war nicht besonders schön.
Aber sie war es.
Weil ihre Augen leuchteten.

Ihre Augen verbreiteten eine solche Lebenslust,
dass mir all meine Unlust verging.
Ihre Augen strahlten mich an, leuchteten hinter ihrer Maske hervor.
Ihre Augen lächelten, auch wenn ihr Mund verborgen blieb.
Ihre Augen sprachen mit mir, mehr als ihr Mund hätte erzählen können.

Mit ihren Augen überwand sie die Distanz.
Damit kletterte sie über die Maske hinweg,
ließ die Mauer hinter sich und kam zu mir durch.

Der Funke sprang über.
Hat in mir Glauben geweckt, dass Begegnung möglich ist.
Hat das Dunkle vertrieben und es hell gemacht.

Ein Funke reicht hin, viel Dunkel zu erhellen.“

Überwindest du mit mir die Distanz?
Tanzt du mit mir auf diesem Maskenball bis das Leben sich Bahn bricht?
Bringst du mit mir Licht ins Dunkel?

 

"Durch das Dunkel hindurch scheint der Himmel hell.
Durch das Dunkel hindurch scheint der Himmel hell.
So hell soll auch die Erde sein, steht auf, steht auf, steht auf,
so hell soll auch die Erde sein, steht auf
!"
(Lied aus „Wo wir dich loben wachsen neue Lieder Plus“)  

Möge ein Funke Hoffnung auf dich überspringen,
Herzlich, deine Pfarrerin Julia Kaiser